Ein kompletter gesellschaftlicher Stillstand. Ein kompletter Wandel unseres alltäglichen Lebens.
Was bis vor wenigen Tagen noch unvorstellbar war, wird nun immer mehr zur Realität.
Nun werden Berufe unterschieden in "systemrelevant" und "nicht systemrelevant". Und gerade unter den "systemrelevanten" Berufen finden sich zahlreiche prekäre Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnbereich. Als ob wir es uns leisten könnten, sie schlecht zu bezahlen, weil sie ja eh irgendwie gemacht werden und das Gewohnte eh irgendwie läuft. Als wären sie nichts besonderes, weil sie ja eh immer da sind. Weil sie ja systemrelevant sind. Wir haben uns so an ihr Dasein gewöhnt, dass wir ihnen keinen Wert mehr beimessen.
Nun sitzen wir zu Hause und befürchten, dass uns die Decke auf den Kopf fällt. Denn es gibt keine Veranstaltungen mehr, auf die wir gehen könnten. Keine Restaurants, keine Freizeitbetriebe, keine Kunst. Alles, was unser Leben bunt und reichhaltig macht, bricht weg. Und die Menschen, die hinter diesem vielfältigen Angebot stecken, das unsere Gesellschaft lebenswert macht, sorgen sich um ihre Existenz. Viele von ihnen leben von der Hand in den Mund. Und obwohl ihre Lebensverhältnisse so prekär sind, haben sie sich doch für ein Leben als Freischaffender, Künstler oder Kleinunternehmer entschieden, denn das ist es, was sie wirklich sind. Sie gestalten ihr Leben aus ihrem Herzblut heraus und lassen uns andere daran teilhaben. Und nur zu gerne nehmen wir ihre Angebote wahr, schwelgen in dem öffentlichen Leben, das sie gestalten. Doch schätzen wir es wert? Schätzen wir es wert, dass sie die Mühen, Anstrengungen und Entbehrungen auf sich nehmen, die es braucht, um etwas eigenes aufzubauen? Schätzen wir es wert, dass sie aus ihrer eigenen Kraft heraus etwas Neues schöpfen, das wir alle genießen können? Zeigen wir unsere Wertschätzung? Was ist uns unsere Wertschätzung wert?
Unvermittelt tritt das Corona-Virus in unser gesellschaftliches Leben und bringt es in kürzester Zeit zum Innehalten. Mit einer Klarheit und Schärfe, die fast schmerzhaft ist, zeigt es uns auf, was wirklich wichtig ist. Und wir erkennen, dass es anders verlaufen kann, wenn wir Rücksicht nehmen auf die Kranken und Schwachen in unserer Gesellschaft. Eine gemeinschaftliche Einigung auf ein kollektives Innehalten zum rechten Zeitpunkt kann Wunder bewirken.
Das Corona-Virus lehrt uns
Nehmen wir diese Lektion an und setzen sie auch auf gesellschaftlicher Ebene um.
Nach der Corona-Krise wird nichts mehr sein, wie es vorher war - das wünsche ich mir.
Corinna Bürger de Oliveira, 17. März 2020
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